Globale Energietransporte


Untersuchung von Energieaustäuschen in gekoppelten atmosphärisch-ozeanischen Energiehaushalten

Globale Reanalysedatensätze für Atmosphäre und Ozean sind wertvolle Hilfsmittel für die quantitative Auswertung des globalen Energiehaushaltes.

In einer vertikal integrierten Betrachtungsweise wird der Nettooberflächenfluss (FS) auf der atmosphärischen Seite durch die lokale Energietendenz (AET), die Divergenz horizontaler atmosphärischer Energietransporte und die Nettostrahlung am Oberrand der Atmosphäre (RadTOA) balanciert:

FS = - AET – DIVFA + RadTOA

Auf der ozeanischen Seite wird der Nettobodenfluss durch die lokale Tendenz der thermischen Energie im Ozean (OHCT) und die Divergenz horizontaler ozeanischer Energietransporte (DIVFO) balanciert.

 FS = OHCT + DIVFO

Gleichsetzen von Gleichungen (1) und (2) zeigt, dass sich die Summe der atmosphärischen und die Summe der ozeanischen Haushaltsterme exakt balancieren müssen. Das ist auf Grund der suboptimalen Qualität aktueller Reanalysen im Allgemeinen nicht der Fall. Beispielsweise werden global gemittelte Anomalien im Strahlungshaushalt (RadTOA) nur unzureichend in Schwankungen des global gemittelten ozeanischen Energiegehalts (OHCT) widergespiegelt, was aber theoretisch weitgehend der Fall sein sollte, denn die atmosphärische Energiespeicherung ist relativ klein und die horizontalen Flussdivergenzen verschwinden per definitionem im globalen Mittel. Gründe für Inkonsistenzen zwischen den Datensätzen sind unter anderem das  generell relativ dünne Beobachtungssystem im Ozean - speziell vor den 2000er-Jahren – und zeitliche Inhomogenitäten durch Änderungen im Beobachtungssystem.

Die hier präsentierten neuen Ergebnisse zeigen allerdings, dass auf der räumlichen Skala von tropischen Ozeanbecken Energieaustäusche zwischen Atmosphäre und Ozean im Zusammenhang mit dem prominenten Klimaphänomen El Niño-Southern Oscillation (ENSO) quantitativ konsistent diagnostiziert werden können, was zu interessanten neuen Einsichten in die Reaktion des Klimasystems auf ENSO führt.

Eine Regressionsanalyse mit Hilfe aktueller Reanalysedatensätze zeigt, dass während der stärksten Phase von El Niño (La Niña) 80% der vom tropischen Pazifik abgegebenen (aufgenommenen) Energie durch eine gleichzeitige Zunahme (Abnahme) ozeanischer Energie im tropischen Indik und Atlantik kompensiert wird. Nur die verbleibenden 20% der Energie werden in Form von Strahlung am Oberrand der Atmosphäre mit dem Weltraum ausgetauscht. Der Energieaustausch zwischen den Ozeanbecken geschieht indirekt über die Atmosphäre. Er resultiert aus weitreichenden atmosphärischen Zirkulationsänderungen (Telekonnektionen) und damit einhergehenden Änderungen von Bewölkung, Strahlung und damit verbunden veränderten Nettooberflächenflüssen in den Tropen. Der Beitrag von polwärtigen ozeanischen Energieexportanomalien aus den Tropen ist vernachlässigbar, nur die indonesische Durchflussregion weist nennenswerte Variabilität während ENSO-Ereignissen auf.

Das führt zur Erweiterung des bislang bekannten Bildes, dass während El Niño/La Niña ozeanische Energie hauptsächlich innerhalb des tropischen Pazifik umverteilt und der Rest am Oberrand der Atmosphäre ausgetauscht wird. Vielmehr findet eine Umverteilung beträchtlicher Energiemengen zwischen den tropischen Ozeanbecken statt. Siehe Abb. 1 für eine schematische Darstellung der beschriebenen Energieaustäusche.

Diese Ergebnisse erklären auch, warum das global gemittelte Signal in RadTOA verglichen mit der Variabilität des pazifischen Energiegehalts im Zusammenhang mit ENSO relativ kleine Anomalien aufweist. Weitere Details können untenstehenden Publikationen entnommen werden.

 

Forscher:

Publikationen:

Abb. 1: Komposite-Plots von Anomalien (sechsmonatig geglättet) der DSE-Flussdivergenz (oben), der Flussdivergenz latenter Wärme (Mitte) sowie der totalen Energieflussdivergenz für die drei stärksten El Niño-Ereignisse der ERA-Interim-Periode (1982/83, 1986/87, 1997/98); Divergenzen (Konturen) in W/m^2, Transporte (Vektoren) in W/m. (© IMGW)

Abb. 2: Schemabild anomaler Energietransporte innerhalb und zwischen tropischer Atmosphäre und Ozean. Dargestellt sind anomale atmosphärische Energieflussdivergenz, Nettooberflächenflüsse (RadS bedeutet Nettostrahlung an der Oberfläche, LH und SH bedeuten jeweils latenten und fühlbaren Wärmstrom), Strahlung am Oberrand der Atmosphäre (RadTOA) und Energietransport durch die indonesische Durchflussregion (ITF, gelbe Pfeile), sowie anomale Meeresoberflächentemperaturen (SST) und Tendenzen des ozeanischen Energiegehalts (OHCT) während El Niño (basierend auf einer Regression der Felder mit dem Niño 3.4 - SST-Index als ENSO-Proxy). Man beachte auch die starken zum Teil gegenseitig kompensierenden OHCT-Signale im Pazifik. Die weißen Pfeile in der Atmosphäre deuten vertikal-zonale Zirkulationsanomalien der Walker-Zellen an. (© IMGW)